Braucht man eine Capsule Wardrobe?
Der Begriff „Capsule Wardrobe“ ist in den letzten paar Jahren immer wieder hier und da aufgetaucht.
Ist das jetzt das ultimativer Kleidungskonzept oder braucht man es eigentlich nicht wirklich?
Was ist eigentlich eine Capsule Wardrobe?
Bereits in den 1940er Jahren entstand der Begriff und beschrieb eine kleine Kollektion von Kleidung, die nach Farbe und Stil so zusammengestellt war, dass sie gut kombinierbar war.
In den 70er Jahren brachte die Londoner Boutiquebesitzerin Susie Faux, den Begriff wieder in Mode und verstand ihn als eine Kollektion von essentiellen Teilen, die nicht aus der Mode kommen und kombiniert werden mit saisonalen Stücken.
Oft wird im Zusammenhang mit der Definition der Capsule Wardrobe die Zahl 35 genannt. Also 35 Stücke sollte sie beinhalten. Was dann dazugezählt wird (bspw. Accessoires oder Schlafanzüge) ist unterschiedlich.
Auch kann man die Capsule Wardrobe für jede Jahreszeit neu zusammenstellen.
Letztlich ist es bei uns im Rahmen der Minimalismus-Bewegung aufgekommen.
Was sind die Vorteile?
Der Grundgedanke dieser Garderobe ist, dass man weniger Stress hat, sein Outfit zusammenzustellen und bspw. Morgens nicht vor der Kleiderschrank steht und nicht weiss, was man anziehen soll. Natürlich ist der bewusste und nachhaltige Konsum ebenfalls ein Ziel.
Beschäftigt man sich mit diesem Konzept, dann bedeutet es gleichzeitig, dass man sich selbst, seinen Bezug zum Konsum, zum eigenen Kleidungsstil und auch zur eigenen Physiognomie analysiert und reflektiert.
Letztlich schafft man ein Bewusstsein dafür, was einem passt, was einem steht, worin man sich wohlfühlt und wenn alles gut läuft, hat man tatsächlich nur noch „Wohlfühl-Kleidung“ im Schrank, die sich wie von selbst miteinander kombinieren lässt. Das spart dann tatsächlich Zeit und Nerven.
Jeder kennt die Kleidungsstücke, die man gekauft hat und wenn man sie dann ein paar Tage später tragen will, fragt man sich warum man nun dieses Teil gekauft hat oder womit man es eigentlich kombinieren will?
Alles auf Qualität!
Natürlich spielt auch die Qualität der Kleidung eine wichtige Rolle. In Zeiten von Fast-Fashion leidet die Qualität oft massiv. Welche Stoffe wurden verwendet? Wie ist der Schnitt? Etc.
So manches Schnäppchen stellt sich dann letztlich als teuer heraus, wenn man es nach dem ersten Waschen eigentlich gleich schon entsorgen könnte. Von den Produktionsbedingungen und dem Umweltimpact mal ganz abgesehen.
Will man sich hochwertige Kleidung kaufen, dann ist das allerdings auch nicht so einfach. Denn nicht alles was teuer ist, hat deshalb auch Qualität oder eignet sich für eine langfristige Garderobe.
Wer bin ich und was mag ich?
Zunächst sollte man sich selbst bewusst machen, welchen Kleidungsstil man am liebsten mag, welche Farben und Schnitte einem stehen und welche Stoffe sich gut anfühlen. Das ist so leicht dahin gesagt, ist aber tatsächlich eine Herausforderung, da man sich das oft gar nicht wirklich bewusst macht.
Auch die Fragestellung wofür man sich, wie anziehen muss spielt eine Rolle. Denn wenn man viel von zuhause arbeitet, ganz zuhause mit kleinen Kindern ist oder viel in Meetings sitzt oder reist, benötigt man schon recht unterschiedliche Kleidung.
Dieses „herausfinden“ ist ein Prozess, der seine Zeit benötigt. Hierbei können „Mooodboards“ oder Polaroids der eigenen Garderobe hilfreich sein.
Wie handhabe ich das?
Eine Capsule Wardrobe ist ein gutes Konzept, weil sie einen dazu „erzieht“, sich bei jedem neuen Stück zu überlegen, ob es zu dem was ich schon im Schrank habe passt und ob ich es tatsächlich brauche.
Die Vorstellung nur mit einer sehr begrenzten Anzahl von Kleidungsteilen auszukommen, löst bei mir eher eine Abwehr aus. Man kennt es auch vom Thema Diät- wenn ich mich eingeschränkt fühle, dann bin ich sehr schnell bereit das zu boykottieren. Meine Freiheit ist mir wichtig und letztlich hat Mode und Bekleidung für mich seit jeher auch einen spielerischen Aspekt. Bei dem Gedanken, ich habe jetzt nur noch blaue und schwarze Sachen im Schrank, fehlt mir dann tatsächlich die Vielfalt und der Spaß. Das Kleidung nur noch beschränkt wird auf praktikabel und einfach, spiegelt meine Sicht aufs Leben nicht wider.
Dennoch wollte ich mich in einer freieren Version der Capsule Wardrobe nähern und habe vor ca. drei Jahren begonnen, mich damit zu beschäftigen und auszuprobieren. Mittlerweile denke ich bei jedem Neukauf darüber nach, ob ich es tatsächlich brauche, zu welchen Anlässen ich es tragen würde und womit ich es kombinieren kann. Das klingt nun ziemlich kompliziert, ist es aber nicht, denn diese Denkprozesse verselbstständigen sich mit der Zeit. Natürlich passieren mir, je nach Stimmungslage, auch noch Fehlkäufe, aber bei weitem nicht mehr so oft.
Durch die Reflexion über meinen Stil und die Dinge, die ich gerne trage, habe ich eine Liste erstellt mit den Shops oder Labels, mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe. Das bedeutet, bei denen ich Teile gekauft habe, die mich nun schon mehrere Jahre begleiten.
Weiterhin habe ich mir bei Pinterest eine „Wunschliste“ angelegt. Darauf kommen vor allem hochpreisen Kleidung oder Accessoires Da sich wahrscheinlich die wenigsten eher selten bspw. Eine Handtasche im 4- stelligen Bereich leisten können, ist so eine Wunschliste eine gute Option. Schaut man nach Wochen wieder drauf, dann merkt man schnell, ob man das teuer Stück als Trend betrachtet hat oder ob es sich tatsächlich um eine „nachhaltige“ Anschaffung handeln würde.
Meine Strategie
Mittlerweile habe ich paar Strategien für mich übernommen, die ich interessant finde und die ich über die Zeit sozusagen eingeübt habe. Tatsächlich sind sie im Alltag richtig hilfreich und bringen eine Entspannung mit sich.
- jedes Mal wenn ich mir ein neues Teil kaufe , wird ein anderes aussortiert. Direkt an dem Tag wo ich das Neue aus der Tüte hole, kommt ein Teil weg. Das verhindert schon mal, dass der Schrank aus Nähten platzt.
- Vor dem Kauf überlege ich, ob ich es wirklich brauche. Warum gefällt mir das? Würde ich das länger anziehen? Wie ist die Qualität; wie ist der Schnitt? Was hab ich bereits im Schrank und passt es dazu? – (Tipp: beim online Shopping die Teile in den Warenkorb packen und am nächsten Tag nochmal ansehen. Mir geht es dann oft so, dass ich es gar nicht mehr so cool finde, wie bspw. am Abend vorher 😉
- Anfangen in hochwertige Kleidung zu investieren. Ich habe teilweise hochpreise Kleidung, die ich nun schon über 20 Jahre im Schrank habe und regelmässig trage. Hierbei ist auf klassische Schnitte und Stoffe zu achten. Gerade Mäntel, Jacken oder auch Schuhe in klassischem Format sind höhere Investitionen wert.
Fazit:
Beim Thema Capsule Wardrobe ist es wichtig seinen persönlichen Umgang mit dem Thema zu finden und dass ist ein Prozess der lange dauern kann. Also weg vom Perfektionismus und hin zum Ausprobieren. Für mich hat es sich gelohnt, denn ich kann mittlerweile in den Schrank greifen und jedes Teil herausholen und ziehe es tatsächlich gerne an. Ich fühle mich in all meinen Kleidern wohl. Bei den Dingen, die hochpreisig waren, ist es auch immer ein kleines „Glücksgefühl“, dass ich es besitze, es tragen kann und es nach vielen Jahren immer noch schön ist.
Probiert es einfach aus und passt es für Euch an. Viel Spass dabei!